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Die 5 Yamas: Ein Leitfaden für ethisches Verhalten im Yoga

Was sind die 5 Yamas

Die 5 Yamas: Ein Leitfaden für ethisches Verhalten im Yoga

In einer noch nie so schnelllebigen Welt, in der Druck und Stress schon lange keine Seltenheit mehr sind, bietet die jahrtausendalte Praxis des Yoga einen Leitfaden für ein ausgewogenes und glückliches Leben. Zentraler Bestandteil sind dabei die Yamasfünf ethische Prinzipien, die einen Verhaltenskodex für den Umgang mit dem äußeren Umfeld eröffnen. Erfahre in diesem Blogbeitrag alles über die 5 Yamas und welche Rolle sie in deinem Alltag spielen.

Der achtgliedrige Pfad nach Patanjali - Die Yamas

In einem der wichtigsten Lehrtexte des Yoga, dem Yogasutra, dokumentierte der alte Yogi Patanajali seiner Zeit den achtgliedrigen Pfad des Yoga. Dieser dient als eine Art Leitlinie zu einem erfüllten und bewussten Leben. In insgesamt 196 Sutren bzw. Versen wurden die „Richtlinien“ niedergeschrieben, die letztendlich zur Erfüllung führen sollen. Sie beginnen mit den Yamas.

  1. Yamas – der Umgang mit der Umwelt und Mitmenschen
  2. Niyamas – der Umgang mit uns selbst
  3. Asanas – der Umgang mit dem Körper
  4. Pranayama – der Umgang mit dem Atem
  5. Pratyahara – der Umgang mit den Sinnen
  6. Dharana – der Umgang mit dem Geist/Konzentration
  7. Dhyana – Meditation
  8. Samadhi – innere Freiheit

Wenn du mehr über den achtgliedrigen Pfad nach Patanjali erfahren möchtest, dann schau unbedingt bei unserem separaten Blogartikel zu diesem Thema vorbei!

Was sind die 5 Yamas?

Das Wort Yama stammt aus dem Sanskrit und bedeutet so viel wie Lenkung oder Kontrolle. In den Yamas werden fünf Verhaltensgebote für den Umgang eines Individuums mit seinem äußeren Umfeld benannt. Gemeinsam mit den Niyamas bilden diese die Grundlage des achtgliedrigen Pfades nach Patanjali.

Die Yamas betonen das aktive Handeln und fungieren als Leitfaden für einen bewussten Umgang mit dem äußeren Umfeld. Es geht vor allem darum, den guten Absichten auch konkrete Handlungen folgen zu lassen. Die 5 Yamas stehen genau wie die 5 Niymas in enger Verbindung, sie ergänzen sich und bauen ohne Rangordnung aufeinander auf.

„Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Nicht-Stehlen, Maßhalten und Nich-Horten sind die äußere Disziplin.“ (Patanjali Yogasutra 2.30)

Die 5 Yamas

1. Ahimsa (Gewaltlosigkeit)

Ahimsa beschreibt die Gewaltlosigkeit, das Nicht-Verletzen und das nicht Nicht-Schädigen, sowohl auf körperlicher Ebene als auch im Bereich des Sprechens und Denkens.

Das erste Yama lehrt uns, bewusst darauf zu achten, keinen Schaden zuzufügen, sei es durch unsere Handlungen, Worte oder Gedanken. Es ermutigt uns, Mitgefühl zu kultivieren und eine Atmosphäre des Respekts zu schaffen – nicht nur für andere, sondern auch für uns selbst.

Ahimsa ist eine kraftvolle innerliche Stärke, die sich darauf konzentriert, stets mit sich selbst im Einklang zu bleiben, unabhängig von äußeren Geschehnissen. Oft lassen wir uns von äußeren Umständen und Ereignissen stark beeinflussen, reagieren impulsiv und übernehmen die Emotionen anderer. Im Kern bedeutet Ahimsa jedoch, inmitten herausfordernder Situationen innerlich ruhig und ausgeglichen zu bleiben, ohne von den Reaktionen des Umfelds mitgerissen zu werden.

2. Sathya (Wahrheit, Wahrhaftigkeit)

Wahrheit ist ein großes und mächtiges Wort. Eigentlich ist es noch viel mehr – es ist ein Gebot. Das Yama Sathya dreht sich um das, was ist, und zwar die Wahrheit.

In einer Welt, in der wir ständig nur unsere beste Seite zeigen, über unsere Erfolge sprechen und die schönsten Bilder präsentieren, ist die Wahrhaftigkeit gegenüber anderen aber auch gegenüber sich selbst gewiss nicht mehr die Regel.

Wie oft hast du in den letzten Monaten Ja gesagt, obwohl du eigentlich Nein meintest? Wie oft hat sich eine kleine Notlüge eingeschlichen, um dich besser erklären zu können? Für den Moment scheinen diese Situation belanglos, langfristig lebst du damit jedoch nicht authentisch.

Durch Achtsamkeit und Selbstreflexion können wir unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen hinterfragen und eigene Muster erkennen. Wir lernen ehrlich zu uns selbst und ehrlich zu anderen zu sein – bis sich Sathya tief in uns verankert hat und wir ein authentisches Leben führen.

3. Asteya (Nicht-Stehlen nichts unrechtmäßig von anderen nehmen)

Das dritte Yama bezieht sich auf das Nicht-Stehlen – materieller und nicht-materieller Art. Denn nicht nur materielle Dinge können ungewollt den Besitzer wechseln, auch geistiges Eigentum kann sich zu eigen gemacht werden. Jeder Diebstahl begründet sich auf eine Anhaftung und diese führt wiederum zu Verlustangst, Zwang und Neid.

Jeder Mensch erlebt eigene und einzigartige Erfahrungen, jeder Mensch erzählt seine eigenen Geschichten und teilt Gedanken. Wir neigen oft dazu die Handlungen und Entscheidungen unserer Mitmenschen aufgrund unserer eigenen Geschichte zu beurteilen oder schlimmer zu verurteilen. Asteay beinhaltet daher auch das Nicht-Stehlen von Freude. Denn letztendlich muss jeder Mensch auf seinem Weg zufrieden sein.

„Ahimsa (Gewaltlosigkeit) und Wahrheit sind so sehr ineinander verflochten, dass es tatsächlich unmöglich ist, diese beiden Begriffe zu entwirren und zu trennen. Auf jeden Fall ist Ahimsa das Mittel und die Wahrheit das Ziel.“

– Gandhi

4. Brahmacharya (Maßhalten, Selbstbeherrschung)

Das Yama Brahmacharya wird oftmals als sexuelle Enthaltsamkeit aufgefasst, wer jedoch tiefer in die Yamas eintaucht erkennt schnell, dass Brahmacharya viel mehr als Maßhalten und Selbstbeherrschung interpretiert wird.

Dieses Prinzip verlangt, dass wir unsere Lebensenergie nicht leichtfertig verschwenden, sei es durch exzessiven Konsum, impulsives Handeln oder unkonzentrierte Gedanken. Es geht dabei ebenso um das „Zurückziehen“ der Sinne, um sich nicht von blinder Leidenschaft und Emotionen leiten zu lassen. Brahmacharya schlägt vor, dass wir unsere Energie gezielt einsetzen, um eine ausgewogene und bewusste Lebensweise zu fördern. Es fordert uns auf, unsere Impulse zu reflektieren, einen gesunden Umgang mit unseren Ressourcen zu pflegen und so eine tiefere Form der Selbstbeherrschung zu entwickeln.

5. Aparigraha (Nicht-Horten)

Aparigraha, das fünfte Yama im Yoga, bringt die Essenz der Nicht-Anhaftung und des Verzichts mit sich. Dieses Prinzip lehrt uns, uns von übermäßigem Festhalten an Besitz und Wünschen zu befreien. Aparigraha ermutigt dazu, eine innere Freiheit zu kultivieren, indem wir uns nicht von materiellen Dingen oder Resultaten abhängig machen. Es schlägt vor, bewusst zu wählen, was wirklich notwendig ist, und sich von Überflüssigem zu befreien.

Wie gut fühlt es sich beispielsweise an, den Kleiderschrank auszumisten und „Ballast“ abzuwerfen? Denn eigentlich brauchen wir so wenig, während wir unsere Energie für so vieles aufwenden.

Durch die Praxis von Aparigraha streben wir nach einem leichteren Lebensstil und erkennen, dass wahre Erfüllung nicht durch das Anhäufen von Besitz, sondern durch das Loslassen von unnötigem Ballast erreicht wird.

„Der beste Weg, um herauszufinden, was wir wirklich brauchen, ist, das loszuwerden, was wir nicht brauchen.“ (Marie Kondō)

Tipps zur Anwendung der Yamas im Alltag

Nach und nach kannst du die Yamas immer mehr in deinen Alltag integrieren. Hier sind einige Tipps, wie du die ethischen Prinzipien in deinem täglichen Leben umsetzen kannst:

Ahimsa (Gewaltlosigkeit):

Achte bewusst darauf trotz aller äußeren Umstände bei dir selbst zu bleiben und verwende keine verletzenden Worte in persönlichen Gesprächen oder in digitalen Kommunikationen. Konzentriere dich ebenso darauf deine Gedanken in die „richtige“ Richtung zu lenken und gehe mit dir selbst nicht zu hart ins Gericht.

Satya (Wahrhaftigkeit):

Sei ehrlich gegenüber dir selbst und anderen. Vermeide Übertreibungen oder das Verschweigen von Informationen. Führe ein Journal, um deine Gedanken und Gefühle zu reflektieren, und erkenne die Wahrheit in verschiedenen Situationen.

Setze klare Kommunikation als Priorität und stehe zu deinen Überzeugungen, während du gleichzeitig respektvoll bleibst.

Asteya (Nicht-Stehlen):

Respektiere das Eigentum anderer und teile nur, was dir gehört, sowohl auf materieller als auch auf geistiger Ebene. Schreibe deine eigenen „Geschichten“ und erzähl mit Freude darüber während du dich gleichzeitig für die Erfolge und Vorhaben deiner Mitmenschen freust.

Brahmacharya (Energiekontrolle):

Setze Prioritäten und fokussiere deine Energie auf das, was dir wirklich wichtig ist. Plane Pausen und Zeit für dich selbst ein, um ein Gleichgewicht zwischen Arbeit und Entspannung zu finden. Sei achtsam in zwischenmenschlichen Beziehungen, um harmonische und respektvolle Verbindungen zu fördern.

Aparigraha (Nicht-Anhaftung):

Entrümple regelmäßig physische und digitale Räume, um unnötigen Ballast loszuwerden.

Praktiziere das Loslassen von Erwartungen und sei offen für Veränderungen. Übe Dankbarkeit, um den Fokus auf das Gegenwärtige und Positive zu lenken.

Yamas umsetzten – eine Lebensaufgabe

Die Yamas wirklich voll und ganz umzusetzen dauert vermutlich ein ganzes Leben. Manchmal ist es besser mit kleinen Schritten anzufangen, sich Schritt für Schritt zu steigern und mit dem Wissen durch das Leben zu gehen, man hat immer sein Bestes gegeben.

Für die Umsetzung der Yamas brauchst du bewusste Bemühungen, Zeit und Mut. Reflektiere deine Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen, beobachte das Verhalten anderer und erkenne, wie du dich immer weiter verbessern kannst. Taste dich langsam heran und erfahre, wie sich viele kleine und große positive Veränderungen in dein Leben schleichen.

Fazit

Die Anwendung der 5 Yamas ist ein fortlaufender Prozess, der mal schneller und mal langsamer verläuft. In der Integration der Yamas liegt die Kraft, nicht nur unsere eigene Lebensqualität (Niyamas) zu verbessern, sondern auch einen positiven Einfluss auf die Welt um uns herum auszuüben. Egal ob Niyamas oder Yamas, letztendlich geht es darum so durchs Leben zu gehen, dass wir Zufriedenheit, Freude und Energie verspüren. Das ist das Ziel und der Weg, der uns über die 8 Stufen des Yoga zu „Erfüllung“ führt.

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